Coachinszene
Empathie im Coaching

 

„Es ist die Beziehung, die heilt“
– Empathie als Grundhaltung im Coaching

 

Carl Rogers, ein amerikanischer Psychologe und Psychotherapeut, (1902-1987) prägte folgenden Satz: „Es ist die Beziehung, die heilt“. In diesem Blogartikel schreibe ich darüber, was Empathie – einfühlendes Verstehen – in meine Klienten während des Coachings, bei diesen bewirkt.

 

⇒ Inhalt: Das erwartet Sie

♥ 3 Grundhaltungen “Klientenzentrierter Gesprächsführung” nach Carl Rogers
♥ Was ist Empathie?
♥ Wie wirkt Empathie?
♥ Eine ganz alltägliche Geschichte
♥ Ausbildung in empathischer Geschprächsführung

 

3 Grundhaltungen “Klientenzentrierter Gesprächsführung” nach Carl Rogers

Nach Carl Rogers braucht es drei Grundhaltungen, den Klienten gegenüber, damit diese negative Einstellungen und ungünstiges Verhalten ändern:

 

1.) Kongruenz

Während des Coachings nehme ich keine künstliche Rolle ein. Oft „fordern“ Klienten regelrecht Gefühle ein, die ihnen dann selbst ein Wohlgefühl verschaffen. Sie wollen z.B. gelobt werden oder hören, ob sie etwas richtig oder falsch gemacht haben. Darauf gehe ich NICHT ein. Stattdessen trete ich in eine echte Beziehung, indem ich authentisch bin. Sowohl meine Mimik, als auch meine Gestik und meine Worte entsprechen dem, wie ich wirklich empfinde. Sie widersprechen sich nicht.

So haben meine Klienten die Chance, Vertrauen zu mir zu gewinnen. Sie können sicher sein, dass ich ihnen ehrlich begegne und meine Wertschätzung echt ist. In einem für sie sicheren Umfeld öffnen sie sich mehr und mehr und können sich dabei selbst in der Tiefe erforschen.

 

2.) Bedingungslose positive Wertschätzung

Ich nehme meine Klienten vorbehaltlos an – gerade auch mit ihren Besonderheiten und Schwierigkeiten. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass ich die Klienten so akzeptiere, wie sie sich selber sehen. In erster Linie geht es mir darum, dass sich Klienten die Frage stellen, was sie von sich selbst halten. Im nächsten Schritt dürfen sie lernen, sich selbst zu akzeptieren und zu respektieren.

Aus dieser positiven Wertschätzung heraus erlauben sich Klienten Emotionen auszuleben, die sie sonst verbergen. Dazu gehören vor allem Zorn, Trauer, Angst, Scham, etc. All dies werte ich nicht, sondern respektiere, was gerade ist. Weil ich keine „richtigen“ Lösungen vorgebe, erforschen sich die Klienten selbst und kommen dabei angstfrei und kreativ auf eigene Lösungswege.

 

3.) Empathie oder einfühlendes Verstehen

Empathie bzw. einfühlendes Verstehen und Eingehen auf Andere, ist keine Technik, sondern eine Einstellung. Es braucht Empathie, um ein neues Selbstkonzept zu entwickeln. Dabei geht es um das Fühlen, nicht um das Denken.
Carl Rogers sagt: “Es geht nicht um das unartikulierte Intellektualisieren, sondern um die neue Fähigkeit zu fühlen.”

Die Wünsche, Bedürfnisse, Gedanken, Gefühle, Werte und Ziele meiner Klienten stehen im Mittelpunkt der Coachings. Meine eigene Meinung tritt in den Hintergrund. Ich vermeide Bewertungen, Ratschläge, Interpretationen oder Verallgemeinerungen. Stattdessen fühle ich mich in mein Gegenüber ein. Ich bin empathisch, höre aktiv zu und akzeptiere das, was meine Klienten mir mitteilen.

Auf diesen dritten Punkt, die Empathie oder das einfühlende Verstehen, möchte ich in diesem Artikel nachfolgend intensiver eingehen.

Coachingszene mit Karten
Empathie – einfühlendes Verstehen der Klientin

 

Was ist Empathie?

Wir alle wünschen uns, verstanden zu werden. Dies besonders dann, wenn wir uns mit Problemen oder seelischen Nöten herumschlagen. Gerade dann werden wir von unseren Mitmenschen oft nicht verstanden. Sie fühlen sich durch uns verunsichert oder abgelehnt, weil wir vielleicht gerade mal nicht gut gelaunt sind. Weil wir anders reagieren als sonst oder, weil wir uns zurückziehen.

Carl Rogers, schreibt in seinem Buch „Der neue Mensch“:

„Fast immer, wenn jemand erkennt, dass er in der Tiefe gehört wurde, füllen sich seine Augen mit Tränen. Ich glaube, dass es in einem ganz realen Sinn Tränen der Freude sind. Es ist, als sage er: Gott sei Dank, jemand hat mich gehört. Jemand weiß, was es bedeutet, ich zu sein.“

Dazu eine kleine Geschichte aus „Momo“ von Michael Ende:

„Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, wie sie etwas sagte oder fragte, brachte den anderen auf solche Gedanken, nein, sie saß nur da und hörte zu, mit aller Anteilnahme und Aufmerksamkeit.

Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm auf einmal Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten. Sie konnte so zuhören, dass ratlose und unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten, oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten oder dass Unglückliche und Bedrückte plötzlich zuversichtlich und froh wurden.

Wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf den es überhaupt nicht ankommt und der ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Topf, und er ging hin, und erzählte das alles der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete, auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es ihn, genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war.

So konnte Momo zuhören.“

Vom Zuhören und selbst reden

Ziemlich früh schon lernen wir das Reden. Die ersten Worte sind meist Mama und Papa. Und wenn wir nach Mama oder Papa rufen, wollen wir gehört werden. Wir möchten, dass man uns versteht. Wir möchten dies ganz besonders, wenn uns etwas bedrückt, wenn wir Angst haben oder uns Kummer plagt.

Unser ganzes Leben lang reden wir. Und wir können von Glück sagen, wenn wir Menschen finden, die uns auch zuhören. Und zwar aufmerksam, aktiv und einfühlend. Nur dann fühlen wir uns auch tief verstanden. Zuhören ist nicht das, was die meisten Menschen wollen. Selber sprechen ist viel attraktiver. Wir verlangen danach, selber Sender von Botschaften zu sein, und so oft und so lange zu sprechen, wie nur möglich.

Wenn ich als Coach ein einfühlsamer Gesprächspartner sein will, dann „stelle ich mich in die Schuhe“ meiner Klienten. Denn die innere Erlebniswelt eines jeden Menschen ist unterschiedlich. So, wie jeder Einzelne die Welt wahrnimmt, seine Wirklichkeit wahrnimmt, so wirkt sie auch für ihn. Wir bewerten das Wahrgenommene und entwickeln diesbezüglich passende Gefühle. Aus diesen Gefühlen heraus handeln wir.

Darüber hinaus wirken noch weitere Faktoren, z.B. :

  • unsere Glaubensmuster
  • unsere Prägungen aus religiöser, moralischer oder philosophischer Natur
  • unsere Erinnerungen und Hoffnungen
  • unsere Auffassungen darüber, worauf es im Leben ankommt

Vielen Menschen ist dies nicht bewusst. Sie glauben, dass die Art, wie sie die Dinge betrachten, die einzig richtige oder mögliche ist. Sie gehen von dem Standpunkt aus, dass ihre Sicht der Realität die einzige Realität ist. Dies führt nicht nur zu Unverständnis und Intoleranz zwischen Menschen, sondern auch zu vielen Problemen, die einen Coach erforderlich machen.

Um die innere Welt meiner Klienten kennen und verstehen zu lernen, stelle ich mir viele Fragen:

  • Wie sieht dieser Mensch seine Situation?
  • Wie nimmt er sich selbst als Person wahr?
  • Welche Bedeutung gibt er den Erfahrungen, die er gerade macht?
  • Was genau fühlt er?
  • Wie sieht die Welt mit seinen Augen betrachtet aus?
  • Wie empfindet er seine Situation?
  • Was kann er so nicht ertragen?
  • Welche Handlungsmöglichkeiten kann er für sich erkennen?

Einfühlendes Verstehen macht es nötig, dass ich wirklich höre, was meine Klienten mir mitteilen. Es ist ein aktives Zuhören, das bedingt, dass ich meine eigenen Gedanken, Erlebnisse, Empfindungen und Meinungen zurückhalte. Auch meine Ratschläge, Kritiken, Wertungen und Missstimmungen haben hier nichts verloren.

Ich vermeide, bzw. stoppe folgende Gedanken, z.B.:

  • „Er sollte einfach mal aktiver werden.“
  • „An ihrer Stelle hätte ich den Bengel längst rausgeschmissen.“
  • „Das finde ich aber auch unmöglich.“
  • „Hoffentlich hört sie bald auf zu quatschen, das sind doch keine Probleme.“
  • „Wie kann ich denen nur helfen?“

Einfühlsames Verstehen bleibt nicht beim Zuhören der Worte stehen. Ich versuche auch das zu verstehen, was meine Klienten nicht gesprochen haben. Das, was sie gleichsam „zwischen den Zeilen“ ausdrücken. Oft ist dieses Verstehen nur über den Tonfall oder über die Körpersprache verständlich.

Auch diesbezüglich stelle ich mir innere Fragen:

  • Was sagt der andere mir wirklich?
  • Was erhofft er sich von mir?
  • Was drückt seine Körpersprache während des Gesprächs aus?
  • Welchen Nutzen hat er durch sein „Problem“?
  • Wem schiebt er die Schuld zu?
  • Welche Motivation hat er, etwas zu verändern und was hindert ihn daran?
  • Welche Stärken besitzt er, die bei der Lösung des „Problems“ helfen könnten?

Damit meine Klienten sich verstanden fühlen, muss ich ihnen sagen, was ich erfasst habe. Damit überprüfe ich, ob das, was ich gehört und empfunden habe, auch das ist, was sie tatsächlich meinen.

Das, was ich erfasst habe, verbalisiere ich in einer gleichsam fragenden Aussage:

  • Sie sind traurig über den Tod Ihres Mannes!?
  • Sie freuen sich über die guten Noten Ihrer Tochter!?
  • Das ärgert Sie!?
  • Sie glauben, dass Sie die Prüfung nicht schaffen!?
  • Sie meinen, Ihre Mutter hätte das erledigen sollen!?
  • Ihre Magenprobleme halten Ihnen aber auch die Gläubiger vom Hals!?
  • Sie erwarten einen Vorschlag von mir!?
  • Diese Power ist eine große Stärke von Ihnen!?

Bei einfühlsamen Äußerungen haben die Klienten die Möglichkeit das Gesagte zu überprüfen, ohne sich missverstanden zu fühlen. Sollte ich mit meiner Wahrnehmung daneben liegen, können sie mir dies relativ einfach mitteilen.

Empathisch sein – also einfühlend verstehen – heißt also, auf die Gefühle und die damit zusammenhängenden….

  • Einstellungen
  • Gedanken
  • Bewertungen
  • Handlungsmöglichkeiten

… meiner Klienten einzugehen.

Testen einer Klientin mit der Psychosomatischen Energetik
Wie Empathie während eines Testverfahrens wirkt

 

Wie wirkt Empathie?

Wenn Menschen erkennen, dass ich ihnen zuhöre und sie ernst nehme, bestärke ich sie. Ich vermittle ihnen meine Wertschätzung, befriedige ihre Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und fördere ein gutes Gesprächsklima zwischen uns.

Dadurch bewirke ich:

  • dass sie sich öffnen
  • dass belastende Gefühle leichter werden
  • dass ihre Stimmung steigt
  • dass sie die Situation neu bewerten
  • dass sie ihre Motivation hinterfragen
  • dass sie aktiver werden
  • dass das autonome Nervensystem beeinflusst wird
  • dass sie sich verstanden und ernst genommen fühlen

Je mehr es mir gelingt, die empathische Grundhaltung zu verwirklichen, desto größer ist die Chance, dass bei den Klienten ein hilfreicher Prozess in Gang kommt.

  • Sie lösen ihre Probleme leichter, bzw. verbessern ihre Situation
  • Sie übernehmen für sich und andere eher die Verantwortung
  • Sie finden Gefallen am Lernen und freuen sich am Leben
  • Sie lösen die Bremsen und sind bereit zu wachsen

Die Empathie als Grundhaltung im Coaching erscheint als theoretisches Modell relativ einfach. Dieses Modell in der Praxis umzusetzen, stellt jedoch hohe Anforderungen an mich, als Benutzer. Ich muss mich selbst wahrnehmen, mich verstehen und mich in meinem so sein annehmen.

Alle diese einfühlsamen Fähigkeiten darf ich während des gesamten Coachingprozesses zum Einsatz bringen.

Frühstückszene eines Paares
Empathisches Frühstück

 

Zum Abschluss noch eine ganz alltägliche Geschichte

Coach:   Nehmen Sie einmal an, eines Morgens geht bei Ihnen alles schief. Das Telefon klingelt, das Baby schreit und schließlich misslingt Ihnen auch noch der Kaffee. Ihr Mann kostet einen Schluck und sagt: „Du liebe Güte! Wann lernst Du endlich anständigen Kaffee zu machen?“

Wie würden Sie reagieren?

Frau A:  „Ich würde ihm den Kaffee ins Gesicht schütten.“
Frau B:   Ich würde sagen: „Mach Dir doch Deinen elenden Kaffee selbst!“
Frau C:  „Ich wäre so beleidigt, dass ich nur noch weinen könnte.“

Coach:   „Welche Gefühle würden die Worte Ihres Mannes bei Ihnen auslösen?“
Frau A:  „Wut! Hass! Rache!”

Coach:   „Würde es Ihnen leicht fallen, noch einmal Kaffee zu kochen?“
Frau A:  „Ja, aber nur, wenn ich den Kaffee vorher vergiften dürfte!“

Coach:   „Und wenn der Mann dann das Haus verlassen hat – würde Ihnen dann die Hausarbeit leicht fallen?“
Frau A:  „Der ganze Tag wäre mir verdorben.“

Coach:   „Nehmen wir einmal an, der Tatbestand wäre der gleiche: Telefon, Babygeschrei, misslungener Kaffee. Aber Ihr Mann sagt verständnisvoll: „Das ist ja ein grässlicher Morgen für Dich, Liebling. Erst das Telefon, dann das Baby und jetzt noch der Kaffee!“
Frau A:  „Wenn mein Mann so etwas sagte, würde ich glatt in Ohnmacht fallen.“
Frau B:  „Ich fände das herrlich!“
Frau C:  „Ich würde ihm vor lauter Wonne um den Hals fallen.“

Coach:   „Warum?“ Das Baby schreit immer noch und der Kaffee ist immer noch miserabel.
Alle drei: „Das wäre vollkommen egal.“

Coach:   „Wo sehen Sie den Unterschied?“
Frau B:  „Ich wäre ihm irgendwie dankbar, dass er mich nicht kritisiert, dass er für mich ist und nicht gegen mich.“

 

Ausbildung in empathischer Gesprächsführung

In meiner BewusstSEIN-Coach-Ausbildung lege ich großen Wert auf die drei Grundhaltungen, die Carl Rogers so eindrücklich beschreibt – Kongruenz | Bedingungslose positive Wertschätzung und Empathie. Ohne das einfühlende Verstehen ist es fast unmöglich, einen Menschen zu animieren, sich selbst zu reflektieren und sein Fühlen und Handeln in Frage zu stellen. Deshalb liegt der Schwerpunkt des 1. Ausbildungsblocks auch auf der Vermittlung dieser Haltungen.

Wenn Sie selbst Interesse an einem Coaching oder an einer Ausbildung haben, freue ich mich, wenn Sie mich kontakten.

 

Über die Autorin: Sylvia Bieber

Meine Mission ist Ihre Selbstkompetenz!

Ich liebe es, wenn Klienten nach einem Coaching mit Sätzen wie: „Ich kann das“, „ich mach das“, „ich traue es mir zu“, meine Praxis verlassen und sich selbstbestimmt und unabhängig fühlen.
Gerne helfe ich auch Ihnen, sollten Sie sich frustriert, machtlos oder angstvoll fühlen. Ich zeige Ihnen, wie Sie da ändern können – und Ihre Lebensfreude kehrt zurück.

 

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